Mein Besuch in einem privaten Tierheim Portugals
Jeder Besitzer eines adoptierten Hundes aus dem Ausland weiß, wie die Vermittlung nach Deutschland funktioniert: Bei einem seriösen Tierschutzverein gibt es vor der Adoption ein Vorgespräch, eine Vorkontrolle und wenn alles passt, wird ein Schutzvertrag aufgesetzt und der Hund kommt mittels Traces Papieren schließlich in sein neues Zuhause.
Aber wie sieht´s eigentlich dort aus, wo der Hund herkommt? Auch ich wollte schon immer mal hinter die Kulissen eines Auslandstierschutz-Vereines blicken. Deswegen haben Rafael und ich während unseres drei wöchigen Urlaubs in Portugal Teresa auf ihrer Farm besucht. Aber lest selbst!
TiNo eV steht für Tiere in Not
Die gebürtige Portugiesin Teresa hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, ausgesetzten und kranken Hunden zu helfen. Heute lebt sie mit über 350 geretteten Hunden in der Nähe Lissabons auf einem weitläufigen Gelände zusammen. Der Verein Tiere in Not (kurz TiNo) wurde gemeinsam mit Ehrenamtlern und Teresa gegründet, um den Tieren im Land zu helfen. Heute engagiert sich TiNo ehrenamtlich im In- und Auslandstierschutz. Durch die Adoption von Rana kamen wir damals 2018 das erste Mal mit dem Tierschutzverein in Kontakt. Der Besuch dieses Jahr war genau genommen nicht unser erster, denn Rana haben wir damals persönlich auf Teresas Farm abgeholt. Hier könnt ihr alles über Ranas Adoption und unseren ersten Besuch bei Teresa nachlesen – Dieser kurze Einblick in Teresas Leben und ihrer Farm hat damals schon Eindruck bei mir hinterlassen.
Unser Besuch auf der Farm
Nach einer fantastischen ersten Urlaubswoche in der Algarve ging es für Rafael, mich und die Hunde für einige Tage nach Santa Cruz nähe Lissabon an den Strand. Während wir so vor uns hindösten und die Sonne unsere Haut wärmte und bräunte, kam Rafael auf die Idee, Teresas Farm zu besuchen, die sich ebenfalls nähe Lissabon befindet. Gesagt, getan.
Als das Auto nach links auf die staubige Straße abbog, fühlte es sich wie eine kleine Zeitreise in die Vergangenheit an. Ich fühlte mich wie an den Tag von Ranas Abholung zurückversetzt. Vor lauter Aufregung sprang mir das Herz fast aus der Brust! An der Farm angekommen begrüßte uns unglaublich viel Gebell: Etwas, das anderen Menschen oftmals nervig erscheint. Für mich war es wie Musik in den Ohren. Ich konnte es kaum erwarten, hinter die Mauern des Tierheims zu blicken.
Teresa öffnete uns am hinterem Teil der Farm das Tor. Hier gab es eine kleine und schattige Sitzecke, umgeben von den ersten Zwingern. Nach einer kurzen, aber herzlichen Begrüßung machten Teresa, Rafael und ich uns gleich an die Arbeit – davon gab es hier mehr als genug! Teresa nahm sich die Zeit, uns im Tierheim rumzuführen und uns zu erklären, was ihre Zukunftspläne für die Farm sind.
Rafael und ich haben zwar nicht die Möglichkeit Teresa langfristig unter die Arme zu greifen, doch mit unserer Reichweite im Netz können wir Tierliebhaber in ganz Deutschland und sogar darüber hinaus erreichen, in der Hoffnung, für die vielen Baustellen auf der Farm Spenden zu sammeln und den vielen hilfsbedürftigen Hunden auch in anderen Ländern und der wichtigen Arbeit im Auslandstierschutz Gehör zu schenken.
Mein erster Gedanke während der Führung: Die Farm ist gigantisch. Während wir gemeinsam mit Teresa den unendlichen Flur entlanggingen, wurde mir erst so richtig bewusst, wie groß die Farm eigentlich ist und wie viel Arbeit dahintersteckt, die eine einzelne Frau täglich alleine meistert!
Während der Tour durch die schmalen Gänge zwischen den einzelnen Zwingern kristallisierte sich schnell heraus, was auf der Farm sehr dringend benötigt wird: Schattenplätze für die Hunde. Die Farm befindet sich mitten im Nirgendwo auf einem riesigen Feldgelände im Süden Portugals. Hier ist es durchweg sehr heiß. Es gibt kaum schattige Bäume und somit ist Teresa auf klassische Hundehütten für die Hunde angewiesen. „Für das Material und den Bau einer einzelnen Hütte werden 500,- Euro benötigt“, erklärt sie mir und schnell war mir klar, wieso es in vielen Zwingern noch an Hütten als Schattenlieferanten fehlt. Geld ist ein großes Thema bei der Versorgung all dieser Hunde. „Das Wichtigste sind Produkte zur Parasitenbekämpfung bei den Hunden“, erklärt Teresa weiter. „Mit 1000,- Euro kann ich 100 Hunde vor sämtlichen Schädlingen wie Zecken und Würmern schützen. Hier leben aber 350 Hunde. Wie soll ich entscheiden, welcher Hund den Schutz erhält und welcher nicht? Ich benötige es für alle“, erzählt sie mir schwer. An dieser Stelle muss ich schlucken. Man spürt die tiefe Verbundenheit zwischen Teresa und den Hunden – wie wichtig ihr all diese geretteten Tiere sind. Während Teresa uns alle Zwinger und Baustellen zeigt, nennt sie mir im Vorbeigehen den Namen jedes einzelnen Hundes – 350 Namen die sie sich merkt. Aber nicht nur das: Sie erzählt mir zu jedem Namen eine Geschichte und das Wesen des Hundes. Jeden ihrer Schützlinge kennt sie! Für mich einfach total beeindruckend. Einige wenige der Hunde – Teresas Langzeitinsassen – kamen mir sogar bekannt vor. Eiffel, Penelope, Bill und Silas suchen schon so lange ein Zuhause, dass ich sie unter den ganzen Hunden gleich erkannte.
Binnen weniger Jahre hat Teresa die Farm mehr als verdoppelt. „Ich habe den Platz, mir fehlt nur das Geld“, erzählt sie mir. Weiter erklärt sie, dass die bereits vorhandenen Zwinger sich im Umbau befinden und geteilt werden sollen. So können an Stelle von sechs Hunden pro Zwinger zwölf Hunde untergebracht werden – Die doppelte Anzahl an potenziell geretteter Hunde. Es wird ein Zaun in der Mitte der Zwinger gezogen und eine weitere Eingangstür verbaut. Natürlich wird automatisch eine Hundehütte mehr gebraucht. Das ist der Zeitpunkt, an dem ich begreife, wie viel Geld TiNo eV als gemeinnütziger Verein für Teresa regelmäßig benötigt und dass es sich eigentlich um ein Fass ohne Boden handelt. Denn auch die Anzahl der hier lebenden Hunde wird nicht weniger, im Gegenteil. In regelmäßigen Abständen bringen Menschen ihre Hunde zu Teresa, um sie einfach abzugeben. Oft werden verletzte Hunde und Welpen am Straßenrand gefunden, nicht selten sogar in Müllcontainern. All diese hilfsbedürftigen Hunde bekommen bei Teresa auf der Farm Zuflucht.
Nachdem Teresa uns durch den hinteren und gleichzeitig größten Teil der Farm geführt hat, kommen wir an ihrem Haus an. Hier lebt Teresa mit noch mehr Hunden auf einer noch kleineren Fläche zusammen. Größtenteils sind es die sehr alten und kranken, kleinen Hunde. Auch die Welpen haben vor Teresas Haus ihren Platz: So haben sie stets Kontakt zum Menschen und können zumindest ein wenig sozialisiert werden.
Hier zeigt mir Teresa eine der größten Baustellen auf der Farm: Die Garage. Der Ort an dem Futterspenden gelagert werden. Du kannst Dir ja denken, wie viel Futter und somit auch Platz zum Lagern benötigt wird. Als hätte Teresa es nicht schwer genug, ist die Garage theoretisch auch noch unbrauchbar: Ratten haben sich den Betonboden gefressen und einen Weg in die Futterspenden gefunden. „Die Ratten urinieren und koten ins Futter und machen es damit unbrauchbar. Die Hunde würden davon krank werden, wenn ich es verfüttern würde“, erzählt sie und zeigt mir die Löcher im Boden. Hätte ich es nicht mit eigenen Augen gesehen, würde ich niemals glauben, dass Ratten zu so etwas in der Lage sind. Die Garage müsste eigentlich von Grund auf saniert werden. Und das schnell. Aber dafür fehlt einfach das Geld.
Die Führung durch die sanierungsbedürftige Garage war die letzte Station auf der Farm – Nach dem zweistündigen Rundgang hatten Rafael und ich die gesamte Farm gesehen und genug Filmmaterial für ein Video zusammen.
Meine ersten Aufgaben im Tierheim
Prompt bekam ich nach der Farm-Besichtigung meine erste richtige Aufgabe: Teresa bat mich, die neueingetroffenen Welpen zu fotografieren, damit diese inseriert und somit vermittelt werden können. Hier gilt nämlich: Je schneller, desto besser. Je jünger die Hunde, umso höher die Vermittlungschancen. Werden die Welpen bzw. Junghunde erstmal älter und verlieren sie ihr niedliches Äußeres, nimmt das Interesse drastisch ab. Deswegen steht die Vermittlung von Welpen und Junghunde hier immer an erster Stelle: Damit wenigstens ein kleiner Teil der Hunde die Chance auf ein eigenes Zuhause bekommt. Die traurige Wahrheit ist nämlich: Nur ein Bruchteil der über 350 Hunde in Teresas Tierheim findet potentielle Interessenten. Oft sind die Hunde zu alt, zu groß oder nicht besonders und nicht süß genug. „Dabei sind viele meiner Hunde total verschmust, offen und lustig. Sie alle haben ein Zuhause verdient“, sagt Teresa kopfschüttelnd, die absolut nicht nachvollziehen kann, warum einige ihrer Langzeitinsassen noch nie eine Anfrage hatten.
Während des Fotoshootings der Welpen stellte ich schnell fest: Diese Aufgabe ist schwieriger, als sie zuerst scheint! Im Welpenzwinger (In dem früher Teresas Hühner gelebt haben) warteten drei Welpen und ihre Mutter auf mich. Kurz war ich verwirrt, ich zählte vier Welpen – die zierliche und kleine Mutter der drei Wirbelwinde sah ebenfalls wie ein Welpe aus. Es war mir beim Anblick der kleinen Hundefamilie einfach ein Rätsel, wie man diese absolut niedlichen und zutraulichen Hunde einfach auf die Straße wirft.
Damit die Vermittlungschancen der Welpen steigen, werden von jedem Welpen drei Fotos aus unterschiedlichen Winkeln sowie ein kurzes Video für den ersten Eindruck benötigt. Zugegeben: Ich kapitulierte schnell und suchte mir Hilfe. Ich traf auf ein junges Mädchen aus Österreich, die mir erzählte, dass sie bei Teresa derzeit ein drei monatiges Volontariat absolviert. (Wer an solchen Hilfsprojekten interessiert ist oder generell bei Teresa auf der Farm für einen bestimmten Zeitraum aushelfen will, kann sich bei TiNo eV (https://www.tino-ev.de/) melden. Zu zweit war das Fotografieren der Welpen nicht mehr so schwierig. 😉 Mittlerweile sind alle drei Welpen sogar vermittelt. Ich wünsche den Rackern nur das Beste in ihrem neuen Leben!
Im Anschluss machte ich auf Teresas Wunsch hin noch Fotos und Videos einiger älterer Hunde, damit auch diese in die Vermittlung gehen konnten. Es waren so viele tolle Hunde dabei, dass ich mir prompt ein größeres Haus und mehr Geld für Hund Nummer Vier wünschte. Bei den älteren Hunden war das Fotografieren auch nicht mehr ganz so schwer – viele legten sich auf den Boden und bettelten um Streicheleinheiten und genossen die Aufmerksamkeit und Nähe, die sie von Rafael und mir bekamen. Hier merkte ich wieder, wie dringend einige dieser Hunde ein eigenes, liebevolles Zuhause benötigten.
Ein kurzer Blick auf die Uhr verriet mir, dass es so langsam Zeit für den Abschied wurde. Ich wollte nicht gehen und Rafael ging es ähnlich, doch es warteten unsere eigenen drei Hunde Zuhause auf uns. Die Sonne verschwand langsam hinterm Horizont und so ging ein sehr ereignisreicher und emotionaler Tag für uns zu Ende.