Klein aber Oho: Der Zwergpinscher
Ein Rasseportrait
Der Zwergpinscher wird gerne und schnell in die typische Kläffer-Schublade gepackt, dabei gehört die Rasse zu den alten Jagdhunderassen Deutschlands und hat wirklich eine Menge im Kasten! Immerhin galten seine Vorfahren aus dem 16. Jahrhundert als furchtlose Wach- und Stallhunde. Und wie ist das Rassebild des Zwergpinschers heute?
Erscheinungsbild
Rein optisch könnte der Zwergpinscher (auch Rehpinscher oder Miniaturpinscher genannt) die Miniaturversion des Dobermannes sein, wenn man vom Größenunterschied absieht. Nicht umsonst wird Mojo oft als eingelaufener Dobermann betitelt oder ich darauf hingewiesen, dass ich meinen Dobermann zu heiß gewaschen habe. 😉 Der Zwergpinscher hat für seine überschaubare Größe einen robusten Körperbau und ist dazu noch sehr flink. Ausgewachsen sind sie laut Rassestandard zwischen 25 und 30 cm groß und 4 bis 6 Kg schwer. Sie haben kurzes, glattes Fell und besitzen keine Unterwolle. Zwergpinscher kommen einfarbig in Hirschrot, Rotbraun bis dunkel Rotbraun und zweifarbig in Schwarzrot vor.

Charaktereigenschaften eines Zwergpinschers
Zwergpinscher gelten allgemein als sehr anhänglich und fokussieren sich oft auf eine einzige Person. Das kann ich in meinem bisherigen Zusammenleben der letzten 10 Jahre mit Zwergpinscher Mojo bestätigen, denn er ist zweifelsohne auf mich geprägt. Und das sehr intensiv! Egal wo wir sind und wie viele Menschen sich noch im Raum aufhalten, Mojo hat nur Augen für mich (Ist das nicht romantisch?). Er verliert mich auch nie aus den Augen und folgt mir stets ohne zu zögern, sobald ich ihn dazu auffordere. Für mehr Menschen ist in seinem kleinen großen Herzen kaum Platz. Mein Mann Rafael hat auch einen Platz darin gefunden, aber dann wird es auch schon schwer. In der Regel wird davon gesprochen, dass für maximal zwei Menschen im Leben eines Zwergpinschers Platz ist, weshalb sie sich unter anderem durch ihren sehr treuen Charakter auszeichnen. Mojo würde die Aussage so unterschreiben.
Die Rasse zeichnet sich außerdem durch seine hohe Intelligenz aus, Zwergpinscher sind dazu noch sehr neugierig und besitzen eine gute Portion Größenwahn. Auch das stellt Mojo oft unter Beweis, denn bei Hundebegegnungen zeigt er immer ganz deutlich, dass es (wenn auch nicht unbedingt physisch) keinen größeren Hund als ihn gibt. Außerdem sind Zwergpinscher sehr wissbegierig und lernen schnell. Dabei sind sie stets bemüht, alles richtig zu machen, um Frauchen oder Herrchen zu gefallen. Das stellt Mojo bei unseren Tricksessions stets unter Beweis, denn es gibt keinen Trick, den er nicht in kürzester Zeit erlernt. Etwas, das ich an der Rasse ganz besonders zu schätzen weiß. Mojo ist immer offen für allerlei Beschäftigungsansätze und gibt beim Lernen stets 100%, was die Arbeit mit ihm besonders spaßig macht.
Was trotz der kleinen Größe nicht unterschätzt werden sollte: der hohe Bewegungsdrang dieser Rasse. Die Kombination aus Lerndrang und Bewegungsfreude setzt voraus, dass diese kleinen Energiebündel gut gefördert und ausgelastet werden. Getreu dem Motto: Klein, aber oho. Durch ihre Wendigkeit und Schnelligkeit werden sie oft im Hundesport wie beispielsweise Agility eingesetzt. Wenn ich an die vergangenen 10 Jahre denke, gibt es eigentlich keinen Sport, für den ich Mojo nicht begeistern konnte. Egal ob am Fahrrad, beim Inlinerfahren, Stand Up Paddling oder beim Joggen, der kleine Zwergpinscher war immer mit vollem Elan dabei.
Zwergpinscher können aber nicht nur Action! Wenn es eins gibt, das Mojo neben unseren ausgiebigen Wanderungen liebt, dann ist es das Kuscheln. Hier gibt es für ihn keine halben Sachen, Mojo braucht immer vollen Körpereinsatz von mir. Am liebsten liegt er auf mir drauf oder in Rafaels Kniebeugen. Hauptsache es ist warm und er hat den Zweibeiner eng an seiner Seite. Eine weitere Eigenschaft, die ich sehr an den kleinen Zwergen schätze: Ihre Anhänglichkeit und den intensiven Drang nach Kuscheleinheiten und Körperkontakt. Hierbei gibt es auch kein zu warm und egal ob Winter oder Sommer ist: Es wird wirklich zu jeder Jahreszeit und bei jeder Temperatur gekuschelt. Und ja, Zwergpinscher brauchen auch im Sommer bei 30 Grad eine Decke zum Schlafen.
Dann gibt es natürlich noch Wesenszüge eines Zwergpinschers, die Hundemenschen für gewöhnlich weniger erfreuen: beispielsweise die extreme Wachsamkeit der Rasse. Besuch in den eigenen vier Wänden wird lautstark-bellend angekündigt. Allgemein gilt der Zwergpinscher als ballfreudiger Hund, denn auch Empfindungen wie Aufregung oder Freude werden mit einem Bellen unterstrichen. Als wir Mojo 2013 adoptiert haben, war er vor lauter Frust und Bewegungsmangel wirklich sehr bellfreudig. Mojo war zu dem Zeitpunkt kaum bis gar nicht sozialisiert und so war natürlich vieles sehr aufregend für ihn, was er mit seinem Bellen immer unterstrich. Mittlerweile bellt er draußen gar nicht mehr, außer er bekommt durch z.B. Ballspiele oder einen Ausflug an den See ein hohes Erregungslevel, wo er sich vor positiver Aufregung automatisch weniger unter Kontrolle hat. Anders sieht es jedoch Zuhause aus, denn wenn der Postbote klingelt oder sich Besuch an der Haustür ankündigt, muss Mojo immer – wirklich immer – Anschlagen und allen Familienmitgliedern im Haus mitteilen, dass sich eine Person am Haus aufhält. Und ja, selbstverständlich haben wir im Training versucht, sein Verhalten in andere Bahnen zu lenken und auch zu unterbinden, leider erfolglos. Zwergpinscher sind und bleiben eben sehr wachsame Hunde.

Geschichte des Zwergpinschers
Auch wenn oft angenommen, stammt der Zwergpinscher trotz des ähnlichen Aussehens nicht vom Dobermann ab. Tatsächlich ist der Zwergpinscher eine ältere Rasse als der Dobermann. Die Hauptaufgabe der in Deutschland gezüchteten Rasse bestand in der Jagd und Tötung von Ratten in den Ställen der Bauern. Ursprünglich gab es in Hinblick auf Größe und Aussehen der pinscherartigen Hunde kein einheitliches Erscheinungsbild. Es soll sogar rauhaarige Pinscher gegeben haben. Bis 1895 der Pinscher- und Schnauzer Club von Josef Berta gegründet wurde und damit begann, glatthaarige, kleine Pinscher selektiv zu züchten. So entstand neben dem Deutschen Pinscher auch der Zwergpinscher als eigene Rasse. Ein kleiner Funfact: Schon damals war der Zwergpinscher besonders durch sein kurzes und pflegeleichtes Fell ein beliebter Begleithund für die Stadt. Zitat aus der Rassebeschreibung 1937 von Felix Ebner: „Mit seinen sauberen Pfötchen, seinem kurzen, glatten Fell, kann er getrost auf die elegantesten Polstermöbel genommen werden,…und wenn man ihn täglich ein paarmal vor die Haustüre geleitet, wird der Stadtrat stillschweigend und gebührenfrei die geringen Zeichen seines Stoffwechsels entfernen lassen.“
Zwergpinscher sind vielseitig einsetzbare Hunde mit einem großen Herz und einem mindestens genauso großem Ego! Wenn ich die Rasse in drei Worten beschreiben würde, dann wären es defintiv die Worte treu, aktiv und selbstbewusst. Zwergpinscher Mojo hat mir die Freude an der Arbeit mit Hunden mit seiner unglaublichen Auffassungsgabe und Lernbereitschaft nahegebracht und mich gelehrt, dass kleine Hunde so viel mehr sind als nur kleine Handtaschenhunde oder Kläffer.
